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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2014 30)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2014 30: Verwaltungsgericht

Das Urteil betrifft eine Sonnenschutzkonstruktion auf einem Attikageschoss gemäss Bauvorschriften. Es wird festgestellt, dass die Konstruktion als Bauteil gemäss den Vorschriften betrachtet werden muss. Es wird diskutiert, ob die Konstruktion eine erweiterte Nutzung ermöglicht und zu einer Volumenerweiterung führt. Das Verwaltungsgericht entscheidet, dass die Konstruktion innerhalb der Attikagrundfläche liegen müsste, jedoch diese bereits ausgeschöpft ist, weshalb keine Baugenehmigung erteilt werden kann. Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Konstruktion im Vergleich zu anderen Sonnenschutzvorrichtungen Vorteile bietet und eine gewisse Schutzwirkung vor Witterungseinflüssen hat.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2014 30

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2014 30
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2014 30 vom 12.12.2014 (AG)
Datum:12.12.2014
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2014 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 181 30 Attikageschoss (§ 16a ABauV) Eine Sonnenschutzkonstruktion,...
Schlagwörter: äche; Sonne; Konstrukt; Konstruktion; Schutz; Verwaltungsgericht; ABauV; Sonnenschutzkonstruktion; Baute; Attikageschoss; Markise; Schutzwirkung; Bauteil; Terrasse; Rankgerüst; Stütze; Metallrahmen; Vordach; Blätterdach; Stoff; Umwelt; Brüstung; Führungsschienen; Terrassenfläche; Vorteil
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2014 30

2014 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 181

30 Attikageschoss (§ 16a ABauV) Eine Sonnenschutzkonstruktion, bei der über eine fest montierte Metall- rahmenkonstruktion eine Markise aus- und eingefahren werden kann, stellt einen Bauteil gemäss § 16a Abs. 2 ABauV dar, welcher innerhalb der Attikagrundfläche liegen muss. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 12. Dezember 2014 in Sa-
chen A. und B. gegen Gemeinderat C. sowie Departement Bau, Verkehr und Umwelt (WBE.2014.199). Aus den Erwägungen 1.
Gegenstand des nachträglichen Baubewilligungsverfahrens bil-
det die von den Beschwerdeführern auf dem Attikageschoss erstellte
Sonnenschutzkonstruktion. Diese besteht aus einem rechteckigen
Rahmen aus feuerverzinkten HEB-Profilen 120/120 mm (und einer
Unterkonstruktion aus feuerverzinktem Flachstahl 60/8 mm) sowie
einer an der Brüstung befestigten Stütze, die ebenfalls aus einem
HEB-Profil 120/120 mm besteht. Der rechteckige Metallrahmen
weist Masse von 4.77 m x 4.615 m auf. Auf dem Metallrahmen sind
Führungsschienen für die ausziehbare Stoffmarkise montiert. Die
Führungsschienen weisen gegen die Brüstung hin ein Gefälle von ca.
2.5 % auf. Die Sonnenschutzkonstruktion weist damit eine Grundflä-
che von 22 m2 auf, die lichte Höhe beträgt 2.45 m. Die Konstruktion
ist auf der Terrasse situiert, in der innenliegenden Ecke der L-förmi-
gen Wohnung. Das rechteckige Metallgestell ist an zwei Seiten an
der Fassade und auf einer freiliegenden Ecke mit einer Stütze an der
Brüstung befestigt.
2.
2.1.
2.1.1.-2.1.2. (...)
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2.2.
Bei einem Attikageschoss handelt es sich um ein auf Flachdach-
bauten aufgesetztes, verkleinertes Geschoss, das wie ein Dachge-
schoss behandelt wird (§ 64 Abs. 1 BauV i.V.m. § 16a Abs. 1 ABauV
[Anhang 3 zur BauV]). Es gilt als Attikageschoss, wenn die Grund-
fläche höchstens einem Geschoss entspricht, welches auf den Längs-
seiten um das Mass seiner Höhe von der Fassade zurückversetzt ist.
Mit Ausnahme von Dachvorsprüngen müssen alle Bauteile innerhalb
dieser möglichen Grundfläche liegen (§ 16a Abs. 2 ABauV).
2.3.
Vorliegend ist unbestritten, dass die maximale Attikagrundflä-
che bereits mit dem Bau des Attikas vollständig ausgeschöpft wurde.
Es stellt sich deshalb die Frage, ob die zu beurteilende Sonnen-
schutzkonstruktion als Bauteil im Sinne von § 16a Abs. 2 ABauV zu
qualifizieren ist. Das Verwaltungsgericht hatte sich schon mit
mehreren ähnlich gelagerten Fällen auseinanderzusetzen, so mit
Vordächern (vgl. VGE III/55 vom 31. August 2006 [WBE.2005.289],
S. 9; VGE III/16 vom 26. März 2010 [WBE.2009.99], S. 8 f.), mit
einem Rankgerüst (VGE III/87 vom 20. Dezember 2006
[WBE.2006.90], S. 7 f.) mit einer wintergartenähnlichen Glas-
konstruktion (VGE III/132 vom 1. Dezember 2014 [WBE.2014.239],
S. 8 f.). Es knüpfte bei der Beurteilung u.a. an folgendes Kriterium
an: Erlaube das Vordach eine erweiterte Nutzung der Terrassenfläche
(beispielsweise in der Art, dass die überdeckte Terrassenfläche auch
bei schlechtem Wetter genutzt werden kann und die Möblierung
schützt) und führe es im Ergebnis zu einer Volumenerweiterung des
Attikageschosses, müsse das Vordach innerhalb der zulässigen Ge-
schossfläche erstellt werden (vgl. VGE III/55 vom 31. August 2006
[WBE.2005.289], S. 9; des Weiteren: VGE III/87 vom 20. Dezember
2006 [WBE.2006.90], S. 7; VGE III/16 vom 26. März 2010
[WBE.2009.99], S. 8 f.; VGE III/132 vom 1. Dezember 2014
[WBE.2014.239], S. 9).
Sowohl die Vorinstanzen als auch die Beschwerdeführer neh-
men wesentlich Bezug zum Entscheid des Verwaltungsgerichts
betreffend ein Rankgerüst (VGE III/87 vom 20. Dezember 2006
[WBE.2006.90]). Das damals beurteilte Rankgerüst bestand aus vier
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Metallstützen und einem aufliegenden Metallrahmen, der mit Metall-
drähten bespannt war. Das Verwaltungsgericht hielt fest, das Rankge-
rüst erlaube als solches keine Erweiterung der Nutzung, da es in kei-
ner Weise vor den Witterungseinflüssen schütze. Eine gewisse, wenn
auch bescheidene Schutzwirkung (Beschattung, kurzzeitiger Schutz
vor Niederschlägen) dürfte sich aber einstellen, sobald die Weinreben
oder Schlingpflanzen nach einer mehrjährigen Wachstumsphase der-
einst ein geschlossenes Blätterdach bildeten. Diese bescheidene, im
Wesentlichen auf die Vegetationszeit im Sommer beschränkte
Schutzwirkung sei jedoch in keiner Weise mit jener eines grosszügi-
gen Vordachs anderer mit einem Dach versehenen Bauten ver-
gleichbar (z.B. Zelt). Während hier selbst bei schlechtem Wetter eine
Nutzung der überdeckten Flächen möglich sei, biete das Blätterdach
wegen seiner Durchlässigkeit nur kurzzeitig Schutz. Bei näherer Be-
trachtung sei die Wirkung des Blätterdachs am ehesten mit einem
schattenspendenden Baum Strauch zu vergleichen. Die Rank-
hilfe führe somit nicht zu einer erweiterten Nutzung der Terrassenflä-
chen bzw. zu einer Volumenerweiterung. Hinzu komme, dass sich
eine vergleichbare optische Wirkung auch mit bewilligungsfreien
Pflanzentrögen (§ 30 Abs. 2 lit. a ABauV) erreichen liesse. Auch
vom Erscheinungsbild her, welches sich heute filigran und nach er-
folgtem Bewuchs seitlich durchlässig und naturnah präsentieren
dürfte, könne nicht von einem volumenerweiternden Bauteil
ausgegangen werden. Für den Betrachter handle es sich um eine bei
Attikageschossen nicht unübliche Begrünung der Terrassenfläche
(VGE III/87 vom 20. Dezember 2006 [WBE.2006.90], S. 7 f.).
2.4.
2.4.1.
Die von den Beschwerdeführern an der innenliegenden Ecke
der L-förmigen Wohnung erstellte Sonnenschutzkonstruktion besteht
aus einer an der Brüstung befestigten Metallstütze und einem darauf
aufliegenden Metallrahmen, der gleichzeitig an zwei Seiten der Fas-
sade befestigt ist. Über die auf dem Metallrahmen befindlichen bei-
den Führungsschienen lässt sich die ausziehbare Stoffmarkise nach
Bedarf aus- bzw. einfahren (vgl. vorne Erw. 1.). Es stellt sich die
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Frage, ob die Konstruktion eine erweiterte Nutzung im Sinne der
obgenannten Rechtsprechung erlaubt.
Die Beschwerdeführer bringen in ihrer Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde vor, die montierte Sonnenschutzkonstruktion sei vom
Architekten einzig aus ästhetischen Gründen gewählt worden; sie
bringe - im Vergleich zu einer Gelenkarm- bzw. Teleskoparmmarkise
- bezüglich der Nutzung keinen Vorteil. Diese Vorbringen widerspre-
chen jedoch früher gemachten Angaben: So hielt der Architekt im
Begleitschreiben zum nachträglichen Baugesuch fest, der Bauingeni-
eur habe aus "winddrucktechnischen Gründen" eine schmale Stütze
hinter der Fassadenflucht vorgeschrieben und die Ausladung der
textilen Horizontalmarkise von 4.5 m benötige in voll ausgefahrenem
Zustand ein Auflager. Auch seitens der Beschwerdeführer wurde am
vorinstanzlichen Augenschein festgehalten, das Gestell und die
Stütze seien "wegen des Winddrucks nötig". Diese Angaben lassen
somit nicht darauf schliessen, dass einzig ästhetische Gründe für die
gewählte Sonnenschutzkonstruktion ausschlaggebend waren. Viel-
mehr scheinen dies vor allem "winddrucktechnische Gründe" gewe-
sen zu sein.
Dass die montierte Sonnenschutzkonstruktion - im Vergleich zu
einer Gelenkarm-Sonnmarkise - Vorteile in der Nutzung bringt,
leuchtet dem Verwaltungsgericht, dem ein dipl. Architekt ETH als
fachkundiger Richter angehört, durchwegs ein: Der Vorteil liegt nicht
nur darin, dass die fest montierte, massive Metallkonstruktion schon
als solches stabiler als eine ausgefahrene Gelenkarm-Sonnenstore ist,
sondern auch darin, dass mit einer Konstruktion wie der vorliegen-
den zudem grössere Flächen abgedeckt werden können und die Mar-
kise in einer solchen Konstruktion entsprechend auch bei grösseren
Ausladungen straff gespannt werden kann. Das Konstrukt ist insge-
samt stabiler und gegenüber Witterungseinflüssen weniger anfällig.
Seitens der Beschwerdeführer wurde selber festgehalten, das Gestell
und die Stütze seien "wegen des Winddrucks nötig" (siehe oben) und
"Eine Knickarmstore würde tiefer hängen und würde wackeln. Die-
ses System hier hat Führungsschienen.". Die montierte Konstruktion
ermöglicht es somit, dass die Markise länger ausgefahren und
ungünstigen Witterungsverhältnissen ausgesetzt bleiben kann als eine
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Gelenkarm-Sonnenmarkise mit vergleichbarer Ausladung. Daran
ändert, wie die Vorinstanz zutreffend darlegt, nichts, dass einzelne
Hersteller möglicherweise aus Haftungsbeschränkungsgründen die
gleichen Empfehlungen betreffend Wind- und Regenexposition für
Storen mit und ohne Hilfskonstruktion abgeben. Es ergibt sich von
selbst, dass eine Bauherrschaft auf eine fest montierte, massive Hilfs-
konstruktion, die in der Anschaffung wesentlich teurer ist, verzichten
würde, wenn sie keinerlei Vorteile in der Nutzung brächte.
Was die Schutzwirkung anbelangt, so schützt die montierte
Sonnenschutzkonstruktion ihrem Zweck entsprechend vor Sonne.
Für eine gewisse Zeit kann sie aber auch Schutz vor leichtem Regen
bieten, da der verwendete Acryl-Tuchstoff - soweit aus den von den
Beschwerdeführern beigebrachten Produktunterlagen ersichtlich -
wasserabstossende Eigenschaften hat. Wenn die Vorinstanz erläutert,
die heutigen Stoffe seien "eine gewisse Zeit regenabweisend", so
kann ihr - entgegen dem Einwand der Beschwerdeführer - nicht vor-
geworfen werden, den Sachverhalt ungenügend abgeklärt zu haben
(§ 17 VRPG). Im Rahmen des normalen Unterhalts könnte der
Markisenstoff problemlos durch einen andern Stoff, allenfalls auch
eines andern Herstellers, ersetzt werden. Auf dem Markt sind über-
dies z.B. auch Horizontal-Faltstoren erhältlich, die - trotz horizonta-
lem Einbau - absolut wasserdicht sind, den Wasserablauf garantieren
und praktisch in jede Rahmenkonstruktion eingebaut werden können.
Es würde die Baubehörden vor erhebliche Kontroll- und Vollzugs-
probleme stellen, wenn sie periodisch sämtliche Sonnenschutzkon-
struktionen auf die verwendeten Stoffe/Markisen überprüfen und
sich mit jedem einzelnen Produkt im Detail auseinandersetzen müss-
ten. Deshalb ist nicht zu beanstanden, dass vorliegend bei der Prü-
fung des Baugesuchs auch die Nutzungsmöglichkeit der Baute
miteinbezogen wurde.
Bei einer Gesamtbetrachtung trifft es zwar zu, dass die
Konstruktion - so wie sie sich heute präsentiert - aufgrund der gerin-
gen Neigung und dem verwendeten Markisenstoff (wasserabwei-
send, allenfalls aber nicht wasserdicht) nicht als fixes Allwetterdach
gedacht und geeignet ist. Die Konstruktion bietet jedoch im Ver-
gleich zu einer Gelenkarm-Sonnenmarkise klarerweise einen weiter-
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gehenden Schutz, indem die darunter liegende Fläche bei ungünsti-
gen Witterungsbedingungen länger genutzt werden kann. Ausserdem
könnte die Konstruktion mit relativ wenig Aufwand noch wetterre-
sistenter gemacht werden (siehe oben). Die Konstruktion ist sodann
auch mit dem in Erw. 2.3. zitierten Fall eines Rankgerüsts nicht ver-
gleichbar: Beim Rankgerüst handelte es sich um eine Terras-
senbegrünung, wobei das Blätterdach nur während der Vegetations-
zeit im Sommer eine bescheidene Schutzwirkung bot. Im Gegensatz
dazu ist die Schutzwirkung der vorliegenden Konstruktion nicht auf
die Vegetationszeit beschränkt; die Schutzwirkung der straff
ausfahrbaren Markise ist höher als bei einem blossen Blätterdach.
Insgesamt bietet die Konstruktion zwar nicht den gleich hohen
Schutz vor Witterungseinflüssen wie ein festes Vordach, auf der an-
dern Seite ist die Schutzwirkung jedoch näher bei einem Vordach
oder Zelt als z.B. bei einem Rankgerüst einzustufen. Im Ergebnis
kann das Verwaltungsgericht die Ansicht der Vorinstanzen teilen,
dass die zu beurteilende Konstruktion eine erweiterte Nutzung der
überdeckten Fläche ermöglicht und insoweit zu einer Volumen-
erweiterung führt. Es ist von einem Bauteil gemäss § 16 Abs. 2
ABauV auszugehen, welcher innerhalb der Attikagrundfläche liegen
müsste. Da diese Grundfläche durch den Wohnungsgrundriss jedoch
bereits ausgeschöpft ist, kann die nachgesuchte (ordentliche) Baube-
willigung nicht erteilt werden.
2.4.2.
Unabhängig davon gilt zu beachten, dass beim Fall des Rankge-
rüsts auch vom optischen Erscheinungsbild her nicht von einem
volumenerweiternden Bauteil ausgegangen werden konnte. Vielmehr
wurde von einer nicht unüblichen Begrünung der Terrassenfläche ge-
sprochen (vgl. Erw. 2.3.). Auch in dieser Hinsicht unterscheidet sich
der vorliegende Fall erheblich. Die fest montierte massive Metall-
konstruktion ist - insbesondere auch wenn die Markise eingefahren
ist - ganzjährig gut sichtbar und verändert das Aussehen des
Attikageschosses, bei dem es auch auf den optischen Eindruck eines
verkleinerten Geschosses ankommt (vgl. § 16a Abs. 1 und 2 ABauV;
VGE III/87 vom 20. Dezember 2006 [WBE.2006.90], S. 7 f.).
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